Charaktermotive – 5 Kategorien

Charaktermotive

Motive gehören zu den Grundlagen eines (fast) jeden Romans. In Romanen geht es um Handlungen und Handlungen werden von Motiven vorangetrieben. Für mich persönlich sind Charaktermotive extrem wichtig, um die Geschichte genießen zu können. Die Motive eines Charakters müssen intrinsisch und nachvollziehbar sein.  Nachvollziehbar heißt nicht unbedingt durchschaubar, aber sie sollten plausibel sein.  Intrinsisch heißt, sie müssen vom Charakter selbst und nicht von außen kommen. Es gibt für mich kein langweiligeres Motiv als: „eine willkürliche Person hat gesagt, dass es mein Schicksal ist, eine fremde Welt, die ich noch nie gesehen habe und in der ich niemanden kenne, zu retten. Also mach ich jetzt, was diese Person sagt“. Bäh. Es gibt so viele gute intrinsische Charaktermotive, die sich grob in 5 Kategorien einteilen lassen, die ich hier vorstellen möchte. 

Nein, ich hab mir diese 5 Kategorien natürlich nicht selbst ausgedacht. Sie kommen von dem schlauen Abraham Maslow, der die Theorie der Bedürfnishierarchie aufgestellt hat (Quelle siehe unten) . Praktischerweise lässt diese sich perfekt auf Charaktermotive anwenden, da Motive aus Bedürfnissen entstehen.

1. Physiologische Motive

Diese Motive/Bedürfnisse sind ziemlich simpel, sind sie doch auch die Basis, also die elementarsten der Bedürfnisse.  So was wie Nahrung, Wasser, Schlaf,  ein Dach über dem Kopf, etc. zählen hier rein. Die Geschichten von Charakteren, die diese Motive verfolgen, sind aber alles andere als simpel. Denn diese grundlegenden Motive sind am einfachsten nachzuvollziehen. Beispiele dazu gibt es tausende, von Scarlett aus „Vom Winde verweht“, die nicht mehr hungern will, bis zu den meisten Protagonisten in so fast jedem Postapokalyptischen-Roman, in dem es um Nahrungssuche geht.

2. Motive der Sicherheit

Das kann sein: Sicherheit des eigenen Leibes, der Arbeit, von Ressourcen, moralischen Werten, der Familie oder von Grundstück.  Ich persönlich mag solche Motive am meisten, weil sie nicht nur nachvollziehbar sind, sondern auch direkt menschliche Beziehungen und Werte ins Spiel bringen. Auch hier gibt es viele Beispiele, wie Geralt  aus „The Witcher“, der seine Ziehtochter in Sicherheit wissen will, oder Amano aus meinem eigenen Roman „Anam Bri“, der seine Schwester aus einem Leben in Leere retten will. (Hinweis: Eigenwerbung 😉 )

3. Soziale Motive

Das sind die Herz-Schmerz-Motive, wie ich sie nenne, die es in so vielen Büchern gibt und die trotzdem einfach nie alt werden. Denn spätestens nach der Pubertät kennt man diese Motive doch nur zu gut. Der Wunsch nach Liebe, Freundschaften, Zugehörigkeit, Familie, Intimität, etc. Wohl bemerkt: hier geht es um Charaktermotive. Wenn sich irgendwo eine Liebesgeschichte abspielt, heißt das nicht unbedingt, dass Liebe das Motiv des Charakters war.  Hier nenne ich keine Beispiele, ich denke ihr kennt da selber genug Charaktere, die diese Motive verfolgen.

Falls ich doch ein Beispiel nennen muss, dann ist es Kiran aus meinem Buch „Anam Bri“, die nicht mehr allein sein will und sich deswegen an Amanos Fersen heftet. (*erschrockenes Einatmen*, schon wieder Eigenwerbung 😀 )

4. Motive der Anerkennung und Wertschätzung

Ab hier, finde ich, werden die Motive komplex. Jetzt geht es nicht mehr nur darum, Brot kaufen zu können, in Sicherheit zu sein oder Freunde zu finden. Bei Motiven aus dieser Kategorie geht es um Gefühle, die von der sozialen Umgebung abhängen. Wie zum Beispiel Selbstwertgefühl, Erfolg, Respekt, Ehre,  Stärke, Freiheit, Prestige, etc. Ich würde hier auch materielle Motive einbinden. Denn warum will man den verborgenen Schatz finden? Entweder für die Anerkennung (Beispiel: Indiana Jones), oder für das Prestige , das man sich damit kaufen kann (Bespiel: die meisten Bösewichte bei Indiana Jones).

Besonders interessant finde ich ab hier auch, wenn ein Charakter ein sehr hoch gestecktes Motiv hat. Wenn er zum Beispiel sich kaum Essen leisten kann, aber ein angesehener Börsenmakler werden will, wie der Vater aus „Das Streben nach Glück“. 

5. Motive der Selbstverwirklichung

Die Spitze der Bedürfnispyramide ist alles, was unter den vagen Begriff „Selbstverwirklichung“ fällt. Ich würde es allgemein als Moral, Kreativität, Bildung, Wissen, Erfahrungen, Spirituelle Erkenntnis, etc. bezeichnen.  Charaktere mit solchen Motiven finde ich persönlich immer besonders interessant, weil sie quasi nach einem der „höchstmöglichen“ Zielen streben.  

Wenn ein Charakter ein so hohes Motiv hat, frage ich mich auch oft, warum gerade dieses Motiv. Alle anderen Bedürfnisse sind befriedigt und der Charakter hat die volle Auswahl, was er jetzt machen will. Warum zum Mittelpunkt der Erde reisen, anstatt Jetski zu fahren? Nervenkitzel? Pure Neugier? Leidenschaft? Altruismus (in der Hoffnung, der Menschheit damit helfen zu können)? 


Ich überlege mir für meine Charaktere immer, welche Motive sie haben. Mir das in diesen fünf Kategorien vorzustellen hat mir geholfen, sie besser einzuschätzen und mir ein genaueres Bild von ihnen zu machen.
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Quelle: 
https://www.helpingwritersbecomeauthors.com/characters-goal/ 
https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bed%C3%BCrfnishierarchie