White room syndrome – Den weißen Raum vermeiden mit diesen 5 Tricks

Den weißen Raum vermeiden

Ich lese so was viel zu oft: Ein toller Dialog, der im Nichts – in einem weißen Raum – stattfindet. Ein Gespräch, das zwar interessant ist, von dem man aber keine Ahnung hat, wo es spielt oder wie es da aussieht und daher sitzen die Charaktere im Kopf des Lesenden in einem weißen Raum. Im englischen wird das „white room syndrome“ genannt. In diesem Beitrag zeige ich meine persönlichen 5 Wege, um den weißen Raum zu vermeiden und Atmosphäre zu schaffen.

1. Den Dialog zuerst

Mir persönlich fällt es nicht schwer Dialoge zu schreiben. Ich kenne meine Charaktere und ich weiß, was sie wie sagen müssen. Doch es fällt mir schwer, während ich das Gespräch schreibe auch noch den weißen Raum zu füllen. Daher mache ich das oft in zwei Schritten. Erst schreibe ich den Dialog absolut „nackt“ runter und erst wenn ich damit zufrieden und fertig bin, füge ich das ganze Setting hinzu.

2. Die Welt kennen

Ich kann es nicht genug oft sagen: Als Autorin muss man seine Hausaufgaben machen. Das grundsätzliche Setting der Welt während des Schreibens zu erstellen ist selten eine gute Idee, da dabei viel verloren geht und es manchmal inkonsistent wird. Das alles nachzuarbeiten wird dann anstrengend.

Im Fall vom weißen Raum müssen noch weitere Details in der Welt ausgearbeitet werden. Auch dabei hilft es, sich einfach entsprechende Bilder anzusehen und Kleinigkeiten darauf zu beschreiben. Dabei aber bitte nicht faul sein! „Der Boden war aus Holz“ ist nicht so schön wie „Der hölzerne Boden knarrte unter den schweren, langsamen Schritten von XY.“

3. Die Charaktere kennen

Ich kenne meine Charakter durch ihr Profil ja gut genug, um sie einen Dialog führen zu lassen. Ich sollte sie auch gut genug kennen, um zu wissen, auf was sie in der Umgebung achten und wie sie sich verhalten. Nur wenige Menschen sitzen / stehen komplett still während einer Unterhaltung. Ich habe einen Charakter, der ständig herum läuft und Dinge anfasst. Das ist nicht nur eine tolle Eigenschaft sondern hilft mir dabei, den Raum zu beschreiben. Oder z.B. wenn die Figur in einem Buch vor ihr blättert, während die andere zu ihr spricht, sagt das etwas über die Beziehung oder die Situation von den beiden aus. Das geht Richtung „show, don’t tell“, aber das ist Thema für einen anderen Beitrag.

4. Die fünf Sinne beschreiben

  • Hören
    Welche Geräusche nehmen die Charakter wahr? Vogelgezwitscher? Ein Rascheln? Geschwätz von Passanten? Ist es laut oder still? Ist es eine verdächtige Stille oder eine entspannende Stille?
  • Sehen
    Hier bitte keine Info-flut. Natürlich könnte man hier alles schreiben wie „Sie sah die Vögel, sie sah die Passanten, sie sah einen Hase ins Gebüsch hopsen, etc.). Ich überlege mir hier immer, auf was mein Charakter achten würde. Es sagt etwas über jemanden aus, ob er sich zuerst alle Fluchtwege sucht oder auf die Blicke von Passanten achtet.
  • Fühlen
    Ist es warm oder kalt? Spürt der Charakter einen Luftzug? Streicht er vielleicht mit dem Finger über die glatte Marmortischplatte?
  • Riechen
    Stinkt es nach Verwesung? Riecht es nach Lilien? Rufen diese Gerüche vielleicht Erinnerungen hoch?
  • Schmecken
    Zugegeben, Geschmack zu beschreiben ist nicht immer einfach und auch nicht immer angebracht. Aber auch hier können Geschmäcker Erinnerungen oder Gefühle hervorrufen.

5. W-Fragen stellen

  • Wo sind sie genau? in einer Bibliothek? Im Wald? Im Esszimmer?
  • Was gibt es da? Eine tickende Wanduhr? Tannen und Fichten, auf denen schwer Schnee liegt? Das gute Porzellangeschirr von Großmutter?
  • Wie ist das Licht? Ist alles hell erleuchtet? Gibt es nur eine Öllampe, deren flackerndes Licht Schatten tanzen lässt? Gibt es nur Sternenlicht, in dem ihre Augen glänzen?
  • Welche Zeit ist es? Abend? Nacht? Morgendämmerung?
  • Wie ist das Wetter? Scheint die Sonne und wärmt den Rücken? Tobt ein Sturm und lässt die Fenster knarren?
  • Wer steht /sitzt wo? Das kann nicht nur Machtverhältnisse ausdrücken (Wer sitzt am Kopf des Tisches?), sondern gibt auch ein Gefühl für den Raum und die Beziehung zwischen den Charakteren. Sitzen sie eng beieinander oder halten sie mindestens vier Schritte Abstand?
  • etc.

Mit diesem Ansatz versuche ich, gerade in sehr dialoglastigen Kapiteln den weißen Raum zu füllen. Das macht es nicht nur flüssiger zu lesen, sondern hilft auch, die gewünschten Emotionen (gemütlich / gruselig / angespannt / etc.) beim Leser hervorzurufen.

Ich hoffe das hat euch geholfen! Für Updates zu meinen Schreibtipps, folgt mir bei Instagram auf delia_schreibt. Kommentare und Fragen auch gerne direkt dort!